Herr Oberstarzt
Dr. Braack, was ist das Sanitätszentrum Berlin?
Das
Sanitätszentrum Berlin ist das truppenärztliche Versorgungszentrum für
alle in der Julius-Leber-Kaserne Berlin stationierten, sowie der zeitweilig nach
Berlin kommandierten, Soldaten. Hinzu kommt die sanitätsdienstliche und truppenärztlichen
Versorgung mehrerer Bundeswehreinheiten im Stadtgebiet Berlin. In unserem Sanitätszentrum
haben wir Fachärzte verschiedener Disziplinen, Zahnärzte, Rettungsassistenten
und Arzthelferinnen. Wir sind auch Ausbildungsbetrieb auf dem Weg zum Facharzt
und beschäftigen einige Assistenzärzte. Auf einer Bettenstation können
wir auch über den ambulanten Dienst eines Truppenarztes hinausgehend medizinische
Hilfe leisten, müssen also nicht in jedem Fall bei verordneter Bettruhe ins
Krankenhaus der Bundeswehr in Berlin-Mitte einweisen.
Das
ist die stationäre Seite Ihrer Ausstattung, was haben Sie an mobilen Möglichkeiten?
In
Berlin ist eine mobile Rettungsstation als Ambulanz mit Zelt stationiert. Diese
Ausrüstung steht auf Anfrage bei Massenunfällen auch den zivilen Katastrophenschutzbehörden
zur Verfügung. Bei Großveranstaltungen, zum Beispiel während der
Internationalen Luftfahrtausstellung oder bei der Fußballweltmeisterschaft
im Jahr 2006 waren die Soldatinnen und Soldaten mit dieser mobilen Rettungsstation
auch vorsorglich im Einsatz. Für den Transport von Kranken stehen uns Krankentransportwagen
auf Basis Unimog, abgekürzt KrKw zur Verfügung. Ich bin als Facharzt
für Allgemeinmedizin für die sog. "Weiße Technik" zuständig,
für die "Grüne Technik", sprich zum Beispiel unsere KrKw,
bitte ich Herrn Stabsfeldwebel Heindorf zu befragen.
Oberstarzt Dr. Braack herzlichen Dank für die Ausführungen.
Herr
Stabsfeldwebel Heindorf was für Technik betreuen Sie und warum kamen Sie
im Herbst 2010 nach Horstwalde?
Wir haben hier mehrere KrKw auf der Basis
des LKW Unimog U 1300 L. Im Koffer können wir pro Fahrzeug bis zu vier Verletzte
auf Liegen transportieren. Bis zu zwei Rettungsassistenten übernehmen die
Betreuung. Die Fahrzeugtechnik ist für diesen Zweck ideal. Mit 5,54 m Länge,
2,35 m Breite und gut 3 m Höhe sind wir kompakt und auf engstem Raum wendig
genug. Das Fahrzeug fährt im normalen Straßenbetrieb mit Hinterachsantrieb.
Im Gelände wird die Vorderachse als Antriebsachse zugeschalten. Im schweren
Gelände können zusätzlich an beiden Achsen die Differentialgetriebe
gesperrt werden. Allradantrieb mit gesperrten Portalachsen verleihen dem Unimog
eine perfekte Geländegängigkeit mit 0,44 m Bodenfreiheit und 1,20 m
Wattiefe. Mit 80 km/h sind wir auch auf Straßen ausreichend schnell unterwegs.
Zum zweiten Teil der Frage: Längerdienende Militärkraftfahrer haben alle zwei Jahre eine Aus- und Fortbildung gemäß der "Besonderen Anweisung zur Durchführung der Kraftfahrweiterbildung und der Kraftfahreinsatzausbildung" (BesAn KfWB/KfEA) zu absolvieren. Die Straßenausbildung ist kein Problem, sie kann unmittelbar vor dem Standort auf öffentlichen Straßen abgewickelt werden. Die Bundeswehr spezifische Ausbildung, zum Beispiel das Fahren unter Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung, trainieren wir auf einem kleinen Truppenübungsplatz nördlich von Potsdam. Jedoch zur anspruchsvollen und vorschriftsgemäßen Geländeausbildung befindet sich das entsprechende Ausbildungsgelände erst wieder in Horstwalde.
Auf der "Natürlichen Schrägfahrstrecke" geht es für den Unimog-KrKw nicht immer so beschaulich daher. Ein schneller Wechsel von Senken, Baumwurzeln und weichen Unterboden bei wechselnder Hangneigung erfordert Ruhe und vorausschauende Fahrweise. |
Zugegeben,
Horstwalde als "Mutter" der Gelände-Erprobung in Deutschland ist
auch ein Idealstandort zur Aus- und Fortbildung. Hat die Bundeswehr nicht vergleichbare
Gelände?
Natürlich, der Truppenübungsplatz Oberlaussitz
zum Beispiel, zwischen Weißkeißel im Norden und Rietschen im Süden
gelegen, bietet solch einen Parcours. Jedoch ist der von Berlin-Tegel aus zu weit
entfernt. Wir müssen die Ausbildungszeit so kompakt wie möglich halten,
um am Standort für den Regeldienst zur Verfügung zu stehen. Die Marschzeit
nach Horstwalde mit etwa zwei Stunden ist dabei schon deutlich attraktiver und
vertretbar.
Nur wenige Nutzer der FKVV führen die Fahrzeuge auf den "Losen Geröllhang" (links). Für einen Unimog kann man das jedoch als "artgerechte Haltung" ansehen. Für den Fahrer bedeutet der Ritt bergab (etwa 32 % Gefälle) über faust- bis kopfgroße Feldsteine höchste Aufmerksamkeit, damit das Heck nicht seitlich ausbricht. Auf der "Verwindungsbahn" (rechts) stehen nicht nur Vorder- und Hinterachse verschränkt, sondern natürlich auch das Führerhaus und der Koffer. Durch geschicktes Gegenlenken kann der Fahrer den Verletzten und Rettungsassistenten im Koffer etwas an Rollbewegung ersparen. |
Wie kamen Sie auf
Horstwalde und was wird dort trainiert?
Der Beitrag in der Wochenendbeilage
der Märkischen Allgemeinen zum Tag des offenen Denkmals am 12. September
2010 brachte mich auf die Idee mit der Verkehrs-Versuchsanlage Horstwalde. Bis
auf das Fahren über Behelfsbrücken, war alles gemäß Bundeswehr-Vorschrift
verfügbar. Für uns besonders attraktiv war das Angebot von unterschiedlichen
Bodenverhältnissen, 1000 m Lockersandstrecke, Schlechtwegstrecke mit Geröll,
diverse Sandhänge, eine natürliche Schrägfahrstrecke mit Unebenheiten
aus Senken und Wurzelwerk, so dass auch das sichere Fahren bei erhöhter Schwerpunktlage
trainiert werden konnte. Die Wasserdurchfahrt konnte mit 1,2 m normgerecht befüllt
werden und die Verwindungsbahnen wurden in voller Länge in das Programm eingebaut.
Die "Wasserdurchfahrt" ist für den Unimog mit 1,2 m Tiefe entsprecht gefüllt. Langsam, ohne großen Schwall und kontinuierlich soll gefahren werden. Wer sein Fahrzeug in dieser Lage festsetzt, darf unabhängig vom Dienstgrad aussteigen und die Bergung persönlich vorbereiten. Das steht zwar nicht in der Dienstvorschrift, gehört aber zum Brauchtum bei Militärkraftfahrern. Die Wattiefe von 1,2 m bedeutet beim Unimog nicht nur trockene Füße für den Fahrer, sondern viel wichtiger, sichere Kapselung aller Aggregate und die erhöhte Lage vom Luftansaugstutzen des Motors. |
Herr StFw Heindorf,
was würden Sie sich für die Zukunft in Horstwalde noch zusätzlich
wünschen?
Ein Behelfsbrücke über ein Gewässer muss
nicht sein, aber zwei parallele Baumstammfahrspuren mit mindestens 10 m Länge
und 1,1 m Abstand zueinander auf dem Boden verlegt, würden dem Ausbildungsziel
schon gerecht werden. Zur optimalen Kommunikation und zur Sicherheit der Fahrer
wären auch Handfunkgeräte sehr nützlich.
StFw Heindorf, ich denke diese Wünsche könnten erfüllt werden. Handsprechfunktechnik im 70-cm-Band, welche gut in die Fahrerhäuser dringt, ist beim nächsten Einsatz im Angebot. Für die Baumstammbrücke werde ich mit dem örtlichen Bundesforstbetrieb Kontakt aufnehmen, ein entsprechendes Angebot einholen und dem Vorstand zur Prüfung vorlegen. Ich wünsche Ihnen und Ihren Kameraden eine erfolgreiche und unfallfreie Ausbildung und würde mich freuen, wenn wir uns ab 2011 regelmäßig in Horstwalde treffen können.
Die
Redaktion bedankt sich bei OFw Mau für die freundliche Überlassung der Fotos, die Interviews führte Dr. Klaus Urban.